„Die EU ist wie eine neurotische Familie.“ So beschreibt der Ralph Sina, der als Brüssel-Korrespondent der ARD das politische Geschehen der EU täglich begleitet, den Zustand Europas. Diese Neurosen durften wir als Neigungskursler des Faches Gemeinschaftskunde sechs Tage lang in Brüssel kennen lernen. Dadurch dass wir uns sowohl mit Abgeordneten des Europäischen Parlaments sowie mit Personen, die hinter den Kulissen arbeiten, und Journalisten austauschten, konnten wir in die EU eintauchen.
Bereits drei Tage vor Schulbeginn machten wir uns mit unserer Lehrerin Anne Kunzweiler auf den Weg nach Brüssel. Unser Ziel war die Europa-Akademie, die für politisch interessierte Schülerinnen und Schülern von DeZentrale und der KSJ organisiert wurde. Zur Orientierung begann die Akademie mit einer Stadtführung durch Brüssel, die uns ein relativ einseitiges Bild von der Stadt vermittelte, was sich im Laufe der Woche jedoch noch ändern sollte. Anschließend konnten wir die Institutionen und den Gesetzgebungsprozess der EU anhand eines Rollenspiels selbst nachvollziehen, indem wir in die Rolle von Abgeordneten schlüpften und selbst Kompromisse aushandelten.
ARD-Korrespondent Ralph Sina, der Blogger Eric Bonse und die Assistentin der EU-Abgeordneten Terry Reintke (Grüne), plauderten aus dem Nähkästchen der EU. Als Kontrast dazu führten wir ein Gespräch mit dem Abgeordneten des Europäischen Parlaments Dennis Radtke (EVP), der durchweg in seiner Rolle als Politiker blieb. Vor allem das Thema Brexit und der Umgang mit Großbritannien wurden kontrovers diskutiert. Auch die Besetzung der EU-Kommission von Ursula von der Leyen und so manch überraschende Personalie sorgte für viel Gesprächsstoff. Wir erfuhren, dass die Diplomatie und langes Ringen um Themen, Standpunkte und Personalien oftmals hinter verschlossenen Türen und mit Mitarbeitern im Hintergrund geschieht und die Öffentlichkeit dann nur das Ergebnis und die politischen Akteure wahrnimmt. So wurde zum Beispiel schon seit mehreren Jahren über die umstrittene Urheberrechtsreform verhandelt und beratschlagt, bevor die breite Öffentlichkeit diese erst Anfang dieses Jahres zur Kenntnis nahm.
Neben diesem Austausch konnten wir mit dem Europäischen Parlament, dem Rat der EU sowie dem Wirtschafts- und Sozialausschuss wichtige Institutionen der EU besichtigen. Am Ende dieser intensiven Woche haben wir nicht nur die vegane Ernährung überlebt, sondern auch diese „neurotische Familie“ trotz ihrer Macken liebgewonnen.
Text und Bilder: Helene Isele (J2), Anne Kunzweiler