„Wer seine Wurzeln nicht kennt, hat keinen Halt.“ Im Jahr 2020 feiert die Heimschule St. Landolin ihr 100-jähriges Jubiläum und stellt sich dabei ausdrücklich in die Tradition der 1920 gegründeten Klosterschule der Lehrbrüder von Ettenheimmünster als Vorgängereinrichtung. Mit dem Zitat von Stefan Zweig verdeutlichte Dietfried Scherer, Direktor der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg, welche Bedeutung das Wissen um das Wirken der Lehrbrüder und des Lehrbrüdervereins als Gründer und langjährige Schulträger für die Heimschule St. Landolin wie auch für die Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg als heutiger Schulträger hat. In besonderer Weise wurde dies im Rahmen einer Feierstunde zum 100-jährigen Bestehens des Lehrbrüdervereins im Bürgersaal des Ettenheimer Rathauses mit zahlreichen Ehrengästen gewürdigt, bei der die von Bernhard Uttenweiler aufwendig recherchierte Chronik „Von der Klosterschule der Lehrbrüder von Ettenheimmünster zur Heimschule St. Landolin in Ettenheim“ vorgestellt wurde.
Rückblick auf 100 Jahre Lehrbrüderverein und Schulgeschichte
In vielerlei Hinsicht war die Feierstunde eine Gelegenheit des Rückblicks und der Würdigung. Im Zentrum stand die Vorstellung des Buches „Von der Klosterschule der Lehrbrüder von Ettenheimmünster zur Heimschule St. Landolin“ von Bernhard Uttenweiler und damit vor allem ein Rückblick auf die Gründungsgeschichte und die frühen Jahre der Heimschule, in denen die Idee christlicher Bildung und Erziehung über die Grenzen Deutschlands und Frankreichs hinweg im Mittelpunkt stand. Und dies in einer Zeit, in der aufkeimende politisch-totalitäre Ideologien und eine deutsch-französische „Erbfeindschaft“ den Zeitgeist dominierten.
Rudolf Zimmermann durfte als Vorsitzender des Lehrbrüdervereins aus diesem Anlass Dietfried Scherer, Direktor der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg, den Ettenheimer Pfarrer Martin Kalt, Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz sowie Rita Ohnemus als Ortsvorsteherin Ettenheimmünsters, die Lehrbrüder Frère Jean-Claude (Matzenheim), Frère Yves (Mulhouse), Frère André und Frère José (Madagaskar) sowie Gérard Arth als weltliches Mitglied des Lehrbrüdervereins, die aktuelle Schulleitung der Heimschule St. Landolin in Person von Eberhard Pfister (Gymnasium) und Nicola Heckner (Realschule) sowie deren Stellvertreter Wolfgang Mutter (Gymnasium) und Thomas Dees (Realschule), Internatsleiterin Christiane Czarnetzki, Dr. Martina Kruse als Vorsitzende des Freundeskreises der Heimschule sowie den ehemaligen Schulleiter Ernst Jostkleigrewe und die ehemalige Realschulrektorin Ulrike Hugel begrüßen.
Zimmermann würdigte in besonderer Art und Weise die Arbeit von Bernhard Uttenweiler, der „mit der Lupe“ die Geschichte des Lehrbrüdervereins und seines Wirkens für Klosterschule bzw. Heimschule zusammengetragen habe. Damit beschrieb Zimmermann einerseits die Detailgenauigkeit, die die Arbeit von Uttenweiler auszeichne und mit der er eine große Vielfalt an Quellen der lokalen Kirchen-, Schul- und Ortsgeschichte zusammengetragen habe. „Mit der Lupe“ habe Bernhard Uttenweiler aber auch wegen seiner nachlassenden Sehkraft wortwörtlich arbeiten müssen – dies zeige seine persönliche Leidenschaft, so Zimmermann. Auch ein Blick in die Vita Uttenweilers zeigt, dass die Heimschule und ihre Geschichte Lebensthemen für ihn sind. Von 1970 bis 2000 gestaltete er als stellvertretender Schulleiter des Gymnasiums das Schulleben und die Entwicklung der Schule in verantwortlicher Position mit. Den Jahrbüchern als Chroniken des Schullebens widmete er schon damals eine große Aufmerksamkeit, zudem sind von ihm mehrere Publikationen zur Ettenheimer Lokalgeschichte erschienen. Mit „Von der Klosterschule der Lehrbrüder von Ettenheimmünster zur Heimschule St. Landolin“ legt Uttenweiler pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum von Lehrbrüderverein und Heimschule einen etwa einhundertseitigen Überblick über die Verbindung des Lehrbrüdervereins und der Heimschule St. Landolin bis zu deren Übergang in die Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg im Jahr 1992 vor. Darin lässt er vielfältige Quellen sprechen und bietet so einen wertvollen Fundus zur Auseinandersetzung mit der Geschichte der Schule, aber auch der Zeitläufe des 20. Jahrhunderts, da sich große historische Entwicklungen etwa in der Gründungsgeschichte oder in der Schließung während des Nationalsozialismus widerspiegeln.
Sehr persönlich würdigte Stiftungsdirektor Dietfried Scherer diese Leistung. Er berichtete von der Akribie und Ausdauer, mit der sich Bernhard Uttenweiler der Quellenrecherche unter anderem in den Archiven der Schulstiftung gewidmet habe, aber auch von der Umsicht und Empathie, die er am damaligen stellvertretenden Schulleiter geschätzt habe, als Scherer selbst in den 1980er Jahren als Lehrer in Ettenheim unterrichtet habe. Die Beziehung der Schulstiftung zu den Lehrbrüder verglich er mit der Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln, die eine sehr persönliche sei. Mit Blick auf den Grundgedanken, in der Heimschule St. Landolin christliche Bildung und Erziehung zu verwirklichen, sprach er den Lehrbrüdern zu: „Auf diesem Fundament stehen wir.“ Hier schloss sich Ettenheims Bürgermeister Bruno Metz an, der es für wertvoll hält, sich auch im politischen Tagesgeschäft immer wieder dieses Grundgedankens bewusst zu werden. Die katholische Kirche leiste mit den Kindergärten und der Heimschule einen unschätzbar wertvollen Beitrag zum gesellschaftlichen Leben der Stadt Ettenheim. Zudem verwies er auf die zahlreichen Kooperationen von Stadt und Schule, etwa bei Veranstaltungen in der Aula oder – ganz aktuell – bei der Errichtung der neuen Solarthermieanlage. Bezugnehmend auf Dietfried Scherer resümierte er für die Stadt Ettenheim: „Hier treffen die Generationen der Heimschule aufeinander; wir sind froh, dass wir das Haus sind, in dem diese Generationen wohnen.“
Wechsel an der Spitze des Lehrbrüdervereins
Bereits im Sommer hatte der Lehrbrüderverein Wolfgang Mutter als neuen Vorsitzenden ab dem Januar 2020 gewählt. Der langjährige Vorsitzende Rudolf Zimmermann nutzte den Rahmen der Feierstunde, sich aus dem Amt zu verabschieden und es an Wolfgang Mutter zu übergeben. Zimmermann hatte sich der Aufgabe gewidmet, den Verein nach dem Übergang der Heimschule unter das Dach der Schulstiftung der Erzdiözese Freiburg neu auszurichten. Dabei nahm der Lehrbrüderverein stärker karitative Zwecke und die Entwicklungshilfe in den Blick, blieb aber auch der christlichen Bildung und Erziehung – und insbesondere der Heimschule – verbunden. So unterstützt der Lehrbrüderverein etwa die jährlichen Taizé-Fahrten der Schule. Eine besondere Würdigung sprach Bruno Metz für Rudolf Zimmermann aus, der mit dem Ende seiner Vorstandschaft das letzte von unzähligen Ehrenämtern in den Vereinen Ettenheims abgibt. Bürgermeister Metz dankte ihm für das langjährige und treue Engagement für das gesellschaftliche Leben der Stadt.
Wolfgang Mutter, der sich im kommenden Sommer als stellvertretender Schulleiter des Gymnasiums in den Ruhestand aus dem aktiven Dienst an der Heimschule verabschieden wird, verband das heutige Profil des Lehrbrüdervereins mit seiner bisherigen Vita: Als stellvertretender Schulleiter an der Heimschule und Lehrer für Geschichte und Französisch, dazu verheiratet mit einer Französin, wolle er im Lehrbrüderverein weiter an Themen der christlichen Bildungsarbeit, der deutsch-französischen Begegnung und der „Einen Welt“ arbeiten.
Im Anschluss an die Feierstunde im Bürgersaal lud der Lehrbrüderverein zum festlichen Jubiläumsmenü von Heimschulkoch Uwe Zimmermann ein, bei dem Mitglieder des Lehrbrüdervereins, Vertreter der Schulstiftung, der Heimschule St. Landolin und der Stadt Ettenheim die Möglichkeit zur Begegnung und zum Austausch über die Geschichte und Zukunft der Schule hatten.
Lesen Sie auch die Beiträge in der Badischen Zeitung vom 7. Dezember 2019 und der Lahrer Zeitung vom 8. Dezember 2019.
Text und Bilder: Jakob Katzmann