Mit dem Projekt „Schulbesuch vom Landtag“ soll das Interesse der Jugendlichen für Politik und an der parlamentarischen Demokratie gestärkt werden. Außerdem können Schülerinnen und Schüler ihre für sie wichtigen Fragen loswerden und mit führenden Landespolitikerinnen diskutieren. Die Heimschule wollte dieses Angebot sehr gerne nutzen und daher hatte Thomas Dees, Konrektor der Realschule, die Präsidentin des baden-württembergischen Landtags zu einem Besuch eingeladen. Daraufhin kam Muhterem Aras zu einem persönlichen Gespräch mit Schülerinnen und Schülern der 9. Klassen von Realschule und Gymnasium in die Aula der Heimschule. Die Schulleiterin der Realschule, Nicola Heckner, begrüßte Stiftungsdirektor Dietfried Scherer, den Bürgermeister der Stadt Ettenheim Bruno Metz und die Landtagsabgeordnete Sandra Boser (Bündnis 90/die Grünen).
Nach einer Einführung zur Person der Landtagspräsidentin, gab Muhterem Aras selbst einen Einblick in ihren Lebenslauf. Aufgewachsen ist sie in einem ostanatolischen Dorf, kam dann mit 12 Jahren, ohne ein Wort Deutsch zu können, nach Filderstadt. Nach dem Hauptschulabschluss und dem Abitur studierte sie Wirtschaftswissenschaften, bestand das Steuerberater-Examen und gründete in Stuttgart ein Steuerberatungsbüro. Ihre politische Laufbahn begann 1992 mit dem Eintritt bei den Grünen. Gründe dafür waren vor allem, dass sie sich für Minderheiten, Menschenrechte und die Gleichberechtigung einsetzen wollte. Zudem hat sie in Deutschland eine Heimat gefunden mit Freiheiten und Grundrechten, die für sie ganz wichtig sind und überhaupt nicht selbstverständlich, wie sie aus eigener Erfahrung weiß. Diese Werte gelte es zu schützen und die dürfe man sich von niemanden kaputt machen lassen, betonte Aras. Nach ihrer Tätigkeit im Gemeinderat in Stuttgart und im Landtag wurde sie 2016 zur Landtagspräsidentin gewählt. Sie ist damit die erste Frau, die erste Kurdin und die erste Politikerin der Grünen, die dieses Amt innehat.
Nachdem Muhterem Aras den Schülerinnen und Schülern das Amt der Landtagspräsidentin kurz vorgestellt hatte, moderierte Nicola Heckner eine Fragerunde der Schülerinnen und Schüler. Diese hatten sich im Gemeinschaftskundeunterricht auf vier Themenbereiche vorbereitet: die Person Muhterem Aras, das Thema Einwanderung, den Klimawandel und speziell „Fridays for future“ sowie die geplante Digitalisierung in den Schulen. Muhterem Aras beantwortete die zahlreichen Fragen sehr offen und für diese Klassenstufe sehr gut verständlich. „Nein, 75% Männer im Landtag sind für mich kein Problem, ich kann mich durchsetzen.“ Auch brauche sie Gott sei Dank keinen Bodyguard, aber einen Chauffeur, weil sie die Zeit während der Autofahrt brauche, um arbeiten zu können. Beim Thema Einwanderung ist Muhterem Aras der Meinung, dass Deutschland sich zu spät als Einwanderungsland verstanden und damit viel Zeit verloren habe, Einwanderungsgesetze auf den Weg zu bringen. Jetzt gehe es vor allem um Integration, denn Deutschland brauche die eingewanderten Fachkräfte, um seinen Wohlstand zu sichern. „Fridays for future“ findet sie sehr gut, aber jeder muss selbst entscheiden, ob er daran teilnehmen will. Digitalisierung wird man nicht aufhalten können, aber man muss sie steuern. Sie wird die Schule verändern, aber kein Tablet könne die Lehrerin oder den Lehrer ersetzen.
Muhterem Aras richtete dann noch ihren mittlerweile obligatorischen ganz eindringlichen Appell an alle Anwesenden an der Europawahl am 26. Mai 2019 und an den Kommunalwahlen teilzunehmen oder, falls noch nicht wahlberechtigt, im jeweiligen Umfeld dafür zu werben. Damit könne man mitentscheiden, wer Politik macht.
Muhterem Aras hat sich der Herausforderung gestellt, als Frau, Alevitin und Kurdin in Deutschland politisch etwas zu erreichen. Mit dem Amt der Landtagspräsidentin Baden-Württemberg dürfte ihr das wohl sehr gut gelingen. Bei ihrem Besuch an der Heimschule zeigte sie sich als offene und ehrliche Politikerpersönlichkeit mit einer sympathischen Schülernähe und einem überzeugenden Interesse für deren Belange.
Lesen Sie auch die Beiträge der Lahrer Zeitung vom 8. April 2019 und der Badischen Zeitung vom 10. April 2019.
Text und Bilder: Birgit Walz