Marion Gentges (MdL) und Volker Schebesta (MdL) zu Besuch an der Heimschule St. Landolin
Zum „Tag der freien Schulen“ besuchen Mitglieder des Baden-Württembergischen Landtages eine Schule in freier Trägerschaft. Am Freitag, den 31. Januar, hatte die Heimschule St. Landolin das Glück, dass gleich zwei Mitglieder des Landtags, Frau Marion Gentges (MdL Wahlkreis Lahr) und Herr Volker Schebesta (MdL und Staatssekretär im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport) zu Besuch kamen.
Unter dem Motto: „Abgeordnete des Landtags schenken uns eine (Schul-)stunde Ihrer Zeit“ besuchte Herr Schebesta die Klasse R09a der Realschule und Frau Gentges die Klasse G10b des Gymnasiums. Beide freuten sich sehr darauf, den Alltag in der Politik im Klassenzimmer lebendig werden zu lassen. Die Klassen hatten mit ihren LehrerInnen Frau Elena Hartwich (WBS R09a), Herrn Holger Gißler (GK R09a) und Herrn Olaf Schäferbarthold (GK G10b) Fragen vorbereitet und waren gespannt, die beiden PolitikerInnen persönlich kennen zu lernen.
In der Klasse R09a startete die besondere Schuldoppelstunde mit einer kurzen Vorstellungsrunde. Herr Schebesta stellte sich vor und erzählte von seiner eigenen Jugend. In den 80er-Jahren waren aktuelle Themen der Politik, wie Atomwaffen und Wiedervereinigung, auch unter Jugendlichen ein großes Thema. Herr Schebesta war es schon immer ein Anliegen, seine Meinung öffentlich kundtun zu können und über die brisanten Themen der Zeit auch mit den führenden Köpfen der Politik zu diskutieren. Das Ziel, ökologische und ökonomische Interessen miteinander zu vereinbaren, und die klare Politik zum Thema Wiedervereinigung, brachten Herrn Schebesta schließlich zur CDU, die er seit 2001 im Landtag vertritt. Seit 2016 ist er außerdem Staatssekretär der Landesregierung und für Bildungspolitik zuständig. Dort entscheidet er mit, wenn es um Bildungsplan-Inhalte, Fächerkombinationen und Prüfungsformate geht, und ist somit indirekt eng mit dem Alltag der Schülerinnen und Schüler verbunden.
Die Klasse R09a hatte eine provokante Frage zum Treffen formuliert: „Warum erreicht Politik die Jugend nicht mehr?“ Herr Schebesta erklärte direkt, dass er einen anderen Eindruck gewonnen habe: „Ich würde eher das Gegenteil behaupten. Nach den 80er-Jahren gab es eine Flaute im Bereich politisches Interesse. Ich habe aber den Eindruck, dass momentan im Bereich Klimapolitik das Interesse eher zunimmt. Ihr habt Interesse und seid politisch! Das Problem ist eher, dass die Jugend viele Entscheidungen von Politik und Regierung nicht nachvollziehen kann. Welche Entscheidungen werden da genau getroffen und warum? Um solche Fragen zu beantworten und Distanz abzubauen, sind solche Besuche gut.“
Im Laufe der Unterrichtsstunde wurden viele Fragen gestellt. Eine davon zum Video des Youtubers Rezo „Die Zerstörung der CDU“. In diesem Video kritisiert der Youtuber die zurückhaltende Haltung der CDU zur Klimafrage. Herr Schebesta gibt den Schülerinnen und Schülern recht. Zur Zeit des Videos hatte die CDU versäumt, eine klare Haltung zum Thema einzunehmen und nicht adäquat reagiert. Auch alle weiteren Fragen zum Thema „Engagement bei Fridays for Future“, „Verhalten der AFD im Landtag“ und zum Arbeitsalltag von Landtagsabgeordneten beantwortete Herr Schebesta ehrlich und schülernah. Er machte deutlich, wie wichtig es in der Politik ist, alle Perspektiven zu sehen und einen annehmbaren Kompromiss zu finden, damit man seinem eigentlichen Ziel wirklich näher kommt.
In der Klasse G10b setzen sich die Schülerinnen und Schüler, Herr Schäferbarthold, Frau Gentges und ihr Wahlkreisreferent Herr Wintermaier in einem Stuhlkreis zusammen. Nach einer kurzen Vorstellungsrunde durften auch die Schülerinnen und Schüler der zehnten Klasse ihre Fragen stellen. Diese behandelten die unterschiedlichsten Themen und zeigten, wie breit das Spektrum des politischen Interesses in der Klasse ist. Die Schülerinnen und Schüler stellten zum Beispiel die Frage, ob der tagesaktuelle Brexit nun der Anfang vom Ende der Europäischen Union sei. Frau Gentges verdeutlichte, dass die Politik nicht unschuldig am Brexit war: „Über Jahre hinweg wurde bei Schwierigkeiten mit politischen Entscheidungen die EU als der zwingende Grund für unbeliebte Reformen genannt. ‚Das müssen wir wegen der EU machen!‘ war eine Meinung, die über Jahre gefestigt und verbreitet wurde, sodass bei den Wählern die Überzeugung entstand, ein Austritt wäre besser.
Es ist wichtig, dass die Politik Verantwortung für ihre Entscheidungen übernimmt und nicht versucht, diese abzuwälzen. Europa ist meiner Meinung nach noch immer das größte Friedensprojekt aller Zeiten. Das Ziel der EU ist es, Demokratie zu erhalten und zu schützen. Auch wenn nicht immer alles gut läuft und nicht alle einer Meinung sind, lohnt es sich zusammen zu halten. Einer allein kann z.B. den Klimawandel nicht aufhalten. Dafür braucht es eine Gemeinschaft, die ein gemeinsames Ziel verfolgt. Europa ist und bleibt für mich eine Herzensangelegenheit!“
Im Zuge einer Frage zu satirisch arbeitenden Parteien wie z.B. „Die Partei“ betonte Frau Gentges außerdem ihre Leidenschaft für Politik und Mitbestimmung: „Satirische Parteien haben den Vorteil, dass sie Probleme sehr scharf benennen und so auf wichtige Themen aufmerksam machen. Ein Problem kann daraus entstehen, wenn Politik dadurch zur Lachnummer wird und junge Wähler den Eindruck bekommen, dass wählen keinen Sinn macht. Mein Ziel ist es, mich für Demokratie einzusetzen. Es macht Sinn und Freude, das zu tun. Etwas bewegen zu können und Mitzubestimmen ist ein tolles Gefühl!“
Frau Gentges antwortete ausführlich und authentisch auf alle Fragen zu EU, Brexit, das Verhältnis zur Türkei, Hassmails, Flüchtlingspolitik, Nahverkehr und der manchmal lähmenden Langsamkeit politischer und bürokratischer Entscheidungsprozesse. Sich in all die Themen, die die Schülerinnen und Schüler angesprochen haben, hinein zu denken, sei eine große Herausforderung, aber auch immer wieder interessant!
Sie bedankte sich bei der Klasse für die gemeinsame Doppelstunde: „Dieser echte Kontakt mit den einzelnen Menschen, die vielen Gespräche sind wirklich wichtig! Man vergisst nicht, was gesagt wurde, und so erhält das Gehörte auch immer wieder Einzug in die Entscheidungen, die wir treffen.“
Beide Klassen waren sehr ernsthaft und konzentriert im Austausch und man spürte, dass dieser anschauliche und persönliche Blick auf die Welt der Politik ein echter Gewinn für den Gemeinschaftskundeunterricht war.
Text und Bilder: Isabell Rügner