Kleiner Polnischkurs gefällig? Ogórek = Gurke, Twaróg = Quark, Granica = Grenze. Diese Wörter sind Beispiele für Begriffe, die das Deutsche dem Polnischen entlehnt, so erklärte es die Stadtführerin in Breslau. So sind nicht „Gurke“ und „Quark“ den Deutschen zum Begriff geworden, sondern auch „die Grenze“. Die wechselvolle deutsch-polnische Geschichte zeigt, dass dies sicherlich kein Zufall ist. 19 Schülerinnen und Schüler erlebten beim einwöchigen Besuch ihrer Austauschpartner vom Lyceum in Kleszczów, dass es aber gelingen kann, sich gemeinsam eben dieser Geschichte zu nähern – und doch in persönlichen Begegnungen Grenzen zu überwinden.
Im vergangenen Jahr waren die Schülerinnen und Schüler der Heimschule St. Landolin Gastgeber für die polnischen Schülerinnen und Schüler, wo ein erstes Kennenlernen der beiden Kulturen, Ausflüge rund um Ettenheim und – mit einem Besuch im Europaparlament – die Idee eines gemeinsamen Europas im Mittelpunkt standen. In Begleitung der Geschichtslehrer Martin Kollefrath und Jakob Katzmann stand nun der Gegenbesuch in Kleszczów an. Die Kleinstadt im Herzen Polens ist stark vom Bergbau geprägt und so lernten wir neben dem sehr modernen Schulzentrum und dem dortigen Unterricht das örtliche Braunkohlebergwerk – eines der größten der Welt – kennen. Das Wochenende in den Gastfamilien ermöglichte vielfältige Begegnungen mit Land und Leuten, wir erlebten: Polen essen gern und viel, leben herzliche Gastfreundschaft – und verbringen ihr Wochenende nicht so anders als wir: Freunde treffen, Sport, Disko…
Gemeinsam mit den polnischen Austauschpartnern besuchten wir die reizvollen polnischen Städte Breslau und Krakau. An der Universität in Breslau fand für die polnischen Schülerinnen und Schüler ein Informationstag statt. So bekamen wir zunächst einen Einblick über die Angebote einer polnischen Uni, lernten bei einer Stadtführung die Geschichte und Sehenswürdigkeiten der Stadt an der Oder kennen und hatten zum Abschluss einen tollen Ausblick vom höchsten Gebäude der Stadt.
Auf dem Weg nach Krakau besichtigten wir die Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers in Auschwitz – sicherlich kein leichter, aber ein eindrücklicher Besuch. Vor diesem Hintergrund wirkte es fast wie ein Wunder, dass 72 Jahre nach der Befreiung des Lagers als Ort unvorstellbarer Verbrechen durch die Deutschen die polnischen und deutschen Schüler einen entspannten gemeinsamen Abend im friedlichen und mondänen Krakau verbringen konnten. Am nächsten Tag lernten wir die ehemalige Hauptstadt Polens bei einer Stadtführung genauer kennen – und ihre Schönheit und Lebendigkeit schätzen.
Der Abschied nach einer Woche fiel den Schülerinnen und Schülern schwer; zwischen vielen Austauschpartnern wurde ausgemacht, wie der Kontakt weiterleben kann – oder gar die nächsten Besuche möglich sind. Auf dem Heimweg nach Ettenheim kann man also sagen: „Grenze“ ist für die Teilnehmer des Austauschs kein dramatischer deutsch-polnischer Begriff. Und die polnische Küche bietet viel, viel, viel mehr Köstlichkeiten als Quark und Gurken.
Text und Bilder: Jakob Katzmann