Im Reich des Wahnsinns – Literaturkurs spielte "Elektra"

Eine moderne Tragödie um Rache und verlorene Unschuld: Auch mit seiner zweiten Aufführung in diesem Jahr konnte der Literaturkurs die Zuschauer begeistern. Isabelle Konnegen schreibt in der Badischen Zeitung vom 15. Juli 2015:

Markerschütternd intensiv

Der Literaturkurs der Heimschule inszeniert Hofmannsthals „Elektra“

Die antike Sage von Elektra, der Königstochter, die über den Mord ihres Vaters Agamemnon den Verstand verliert und nur noch auf Rache sinnt, hatte Hugo von Hofmannsthal 1903 in einen durchdringenden Einakter umgeschrieben. Eben diese stark psychologisierte Version brachte der Literaturkurs der Heimschule nun auf die Bühne – mit Tanja Beutenmüller als markerschütternd intensive Elektra.

„Elektra“ erzählt die Geschichte der Königstochter von Mykene (Tanja Beutenmüller), die sich nach der grausamen Ermordung ihres Vaters Agamemnon durch ihre Mutter Klytämnestra (Johanna Motz) und deren Geliebten Aegisth (Josef Blum) als einzige nicht den Tätern unterwirft, sondern den Königsmördern ewige Feindschaft schwört. Unbändige, wahnsinnige Wut zehrt sie auf, während ihre Schwester Chrysothemis (Dorothea Noichl) ruhig und erhaben trauert. Als Frau hat sie da aber leider schlechte Karten, denn der Racheakt ist traditionsbedingt ihrem verschollenen Bruder Orest (Alexandra Dufner) vorbehalten. Die fragile psychische Gesundheit Elektras hängt ohnehin schon am seidenen Faden als auch noch die Nachricht vom angeblichen Tode des Prinzen am Hofe eintrifft. Zerfressen von Zorn schmiedet Elektra Meuchelmörderpläne.

Um die psychologischen Untertöne von Hofmannsthals düsterem Drama bühnenwirksam zu entfalten, hatte der Literaturkurs eine moderne Inszenierung mit Musik, Spezialeffekten und aufwändigem Bühnenbild erarbeitet. Mit der apokalyptischen Eingangsmusik von den Doors („The End“, bekannt aus Coppolas Kriegsfilm „Apocalypse Now“) sowie TV-Einspielungen aus Slow-Motion-Aufnahmen der Schauspieler, bluttriefender Hände und personifiziertem Wahnsinn schufen die Schüler eine eindrucksvoll düstere Atmosphäre.

Bis ins kleinste Detail fesselnd war aber vor allem die Performance der Schülerinnen und Schüler. Allen voran überzeugte Tanja Beutenmüller mit ihrem wirren Haar, irren Blick und zerrissen-dreckigen weißen Kleidchen als Zeichen der zerstörten Unschuld. Johanna Motz überzeugte als alte Matrone mit verwischtem Make-up und ihrer mal verhuschten, mal kreischend-aggressiven Performance. Dorothea Noichl war mit ihrer kühlen Darstellung der Anker in all dem Wahnsinn, stets feminin und ehrenhaft. Und Alexandra Dufner spielte ihre Rolle mit unterkühlter Logik und der zielgenauen Zerstörungskraft eines Torpedos. Sogar die kleinen Nebenrollen wie Mägde (Julia Desiderato, Lisa Breuer, Olivia Altfuldisch, Denise Freudenstein, Céline Müller, Sarah Frei, Jasmin Fossler, Verena Münchbach) und Diener (Sophie Zipf, Julian Senst, Marcel Nuchov) waren eindrucksvoll und mit einem Auge fürs Detail besetzt.

 

Bilder: Birgit Walz