An der Heimschule St. Landolin besucht Victoria Ezebinyuo die J1 am Gymnasium. Neben dem Schulalltag spielt Victoria Fußball beim SC Freiburg, wo sie für die kommende Saison in die erste Mannschaft der Damen aufrückt. Wie professionell sie ihrem Hobby nachgeht, zeigt auch, dass sie jüngst im Kader der deutschen U17-Frauen-Nationalmannschaft stand – und Europameisterin geworden ist. Wir gratulieren ihr herzlich und veröffentlichen an dieser Stelle das Portrait über Victoria, das Klaus Schade verfasst hat und das am 31. Mai 2019 im Ettenheimer Stadtanzeiger erschien.
Europameisterin im Fußball: der vorläufige Höhepunkt für ein sportliches Multitalent
Ettenheim-Altdorf. Sie nahm mehrfach an Deutschen Meisterschaften teil, wurde in ihrer Altersklasse bei den deutschen Mehrkampfmeisterschaften in der Leichtathletik Deutsche Meisterin, stand beim Vergleichskampf mit den älteren Jahrgängen mehrfach „auf dem Treppchen“. Was Victoria Ezebinyuo, die 17-jährige Altdorferin, nun allerdings jüngst in Bulgarien erlebte, das übertrifft sportlich alles für sie bisher Dagewesene. Mit der deutschen Fußballnationalmannschaft der U 17 wurde das sportliche Multitalent Europameisterin! Die errungene Goldmedaille wird sie zeitlebens an ihren ersten internationalen Titel erinnern.
Noch vor Jahren hätte Victoria an einen derartigen Erfolg nie und nimmer gedacht – zumindest nicht in dieser Sportart. Begonnen nämlich hat ihre sportliche Karriere beim Kunstturnen, zunächst in Altdorf, später am Leistungszentrum in Herbolzheim. Noch mehr Spaß fand sie indes bei der Leichtathletik, wo ihr Bewegungstalent sie gleich mehrfach zu den deutschen Meisterschaften katapultierte – und zwar nicht in einer bestimmten Spezialdisziplin, sondern im vielfältigen Mehrkampf. Sprint, Weitsprung, Schleuderball, Kugelstoßen, 1000 Meter. Wo ihre besondere Stärke lag? Victoria mag keine Wertung vorzunehmen. „In diesem Wettkampf kannst du dir keine Schwächen leisten.“ Ettenheim war längst auf die Erfolge der jungen Altdorferin aufmerksam geworden. Viermal in Serie wurde sie bei der jährlichen Sportlerehrung der Stadt ausgezeichnet.
Kunstturnen – Leichtathletik – Fußball
Und dann kam Fußball. Mit ihrem Bruder ging sie zu den Jungs des FSV Altdorf. Lächelnd räumt sie ein, dass dabei „ein sanfter Druck von Mama“ mit im Spiel war. Victoria entdeckte ihre Liebe zum Fußball, spielte zuerst in den Teams der Altdorfer Jungs mit, wurde schnell von den Scouts des SC Freiburg entdeckt, wo sie seit der Saison 2013/14, inzwischen also bereits in der fünften Saison spielt. Altersgemäß in der U 17, die kurz vor der Meisterschaft steht, und sich, wie im Vorjahr, über die Süddeutsche Meisterschaft für die Deutsche Meisterschaft zu qualifizieren hofft.
Freiburg – südbadischer Fußballverband – Lehrgänge – Sichtungsturniere – Länderpokal in Duisburg. Der Weg (präziser: ihr Talent) führte Victoria erstmals 2017 zu einem DFB-Lehrgang, schließlich in die Nationalmannschaft. Mit dem oben genannten unvergesslichen absoluten Höhepunkt. Dass sie sowohl im Vorrundenspiel gegen die Niederlande wie auch im Finale gegen denselben Gegner nicht zum Einsatz kam: für Victoria kein Problem. „Wir haben uns von Anfang an als Team verstanden. Bei 20 Spielerinnen können eben nie alle gleichzeitig zum Einsatz kommen.“ Das unvergessliche Erlebnis von Turnier, Endspielsieg im Elfmeter-Schießen, dem ganzen Drumherum konnte die „Bank“ im Finale in keiner Weise mindern.
Fußball ist ein Mannschaftsspiel
Und wie lässt sich der ganze zeitliche Aufwand, den dieser Leistungssport mit sich bringt, mit dem Dasein als Schülerin vereinbaren? Spielen beim SC – das bedeutet ja neben den Spielen dreimal wöchentliches Training. Für die „drei Offenburgerinnen“, wie sie mit zwei Mitspielerinnen aus dem Großraum Offenburg beim SC bezeichnet wird, ein gewaltiger Aufwand. Zug, Bus, Eltern…
Victoria besucht derzeit die 11. Klasse am Gymnasium der Heimschule, will im kommenden Jahr das Abi ablegen. Ab diesem Herbst rückt sie altersgemäß in den Kader des SC-Bundesligateams auf, das ja unlängst im DFB-Pokalfinale nur knapp unterlegen war. Bundesliga: das bedeutet dann fünf Mal Training! „Man muss einfach mal schauen, wie das unter einen Hut zu bringen ist“, lässt es Victoria scheinbar gelassen auf sich zukommen. Und nach dem Abi? Wie soll’s beruflich weitergehen? „Menschen, die mich gut kennen, meinen, ich würde eine gute Lehrerin werden können“, verrät Victoria, die aber auch eine Karriere als Profifußballerin nicht ausschließt. Sie weist schließlich außergewöhnliche Stärken auf: Schnelligkeit, Kopfballspiel, Spielübersicht. Das macht sie als Innenverteidigerin wertvoll. „Sie ist eindeutig die Abwehrchefin“, merkt ihre Mutter an.
Schule – Fußball – „Freizeit“
Und was macht die 17-Jährige, wenn sie gerade nicht in der Schule ist, nicht für die Schule lernt, nicht Fußball spielt? Victoria lacht. Das scheint nicht allzu häufig der Fall zu sein. Sie hört gerne Musik – HipHop, R&B – trifft sich gerne mit Freundinnen und Freunden, die sie bei den Mitspielerinnen genauso hat wie in Altdorf und der Schule.
Ihr Team-Spirit in der Mannschaft – die Pflege von Freundschaften – bliebe eine letzte Frage: Was mag sie an Menschen? Victoria braucht nicht lange zu überlegen: Mut, Ehrlichkeit, Spontaneität, auch mal gegen den Strom zu schwimmen – und: gute Stimmung zu verbreiten. Letzteres hat sie mit dem tollen Erfolg in Bulgarien in ihrem unmittelbaren Umfeld, ihrer Schule, ihrer Heimatgemeinde auf jeden Fall erreicht! Der ehrliche Glückwunsch ganz vieler ist ihr gewiss!
Lesen Sie auch das Interview mit Victoria Ezebinyuo aus der Badischen Zeitung vom 21. Mai 2019.
Text: Klaus Schade
Bilder: Jakob Katzmann, Victoria Ezebinyuo (privat)