Wie in den vergangenen Jahren haben Frau Gast und Frau Rügner mit den Schülerinnen Alice Hechler, July Hin und Denisa Schmidts einen Adventskalender für die Mensa bzw. Aula gestaltet. Der diesjährige Adventskalender ist inspiriert durch das Lied „Die Nacht ist vorgedrungen“ von Jochen Klepper aus dem Jahr 1938, Vertonung 1939.
Der Schweizer reformierte Theologe, Musikwissenschaftler und Kirchenmusiker Andreas Marti schreibt dazu:
„Aus Bibel- und Kirchenliedzitaten hat der deutsche Dichter Jochen Klepper ein Lied geformt, das die Dunkelheiten des menschlichen Lebens ebenso intensiv spüren lässt wie das Wunder des weihnachtlichen Lichtes. Er hat in seinen Versen persönliche Erfahrungen ausgedrückt, aber so, dass Singende nach ihm sich mit ihren eigenen Ängsten und Hoffnungen darin wieder finden können. Mit seinen sprachlichen wie musikalischen Anklängen an den Barock stellt sich das Lied bewusst in die Tradition evangelischen Gemeindegesangs.“
Der evangelische Prälat Dr. Bernhard Felmberg meint: „Es ist ein Trostlied. Es handelt von der Dunkelheit, die dem Morgen weichen muss. Klepper beweist hier einen realistischen Blick: Die Gebrochenheit der Dunkelheit bedeutet noch nicht das Heil: „Noch manche Nacht wird fallen“, ahnt der Dichter. Doch Klepper nimmt der Dunkelheit ihre Absolutheit. Er beschreibt sie als eine Dunkelheit, in der Gott wohnen will und die Gott doch erhellt.“
In diesem sehr lesenswerten Vortrag können Sie auch noch mehr über das Leben und die persönliche Haltung Kleppers nachlesen. Wichtig ist mir der Hinweis, dass Klepper diese Nacht persönlich erfahren musste: Er und seine jüdische Frau und deren Tochter nahmen sich in der Nacht vom 10. auf den 11. Dezember 1942 das Leben, weil die Deportation der beiden Frauen unmittelbar zu befürchten war.
So ist es durchaus passend, dass der Adventskalender dieses Jahr Hoffnungsbilder und Bilder der Not zeigt. Die einzelnen Bilder greifen Liedzeilen aus einzelnen Strophen auf: Die erste Strophe spricht vom „hellen Morgenstern”, der als aufgehende Sonne dargestellt wird. Dieser Morgenstern „bescheint auch deine Angst und Pein“, dargestellt in Anlehnung an das Bild „Der Schrei“ von Edward Munch.
Die zweite Strophe ermutigt, sein Haupt nicht mehr zu verhüllen. Die Darstellung zitiert René Magritte: „Die Liebenden“. Der Himmel über dem verhüllten Kopf ist der Himmel aus Munchs Bild. Die Lichterscheinung (Sonne?) die die beiden Bilder verbindet, ist dem Bild von Munch entnommen.
Die dritte Strophe ruft auf, sich zum Stall aufzumachen. Es lohnt sich, den Adventskalender vor Ort anzuschauen, selbst nach möglichen Zusammenhängen zu suchen. Ein besonders eindrückliches Beispiel ist das Leben der Familie Klepper selbst. Mit den Worten von Klepper stellt sich der Zusammenhang so dar: „Noch manche Nacht wird fallen“ – aber auch: „Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt.“ (5. Strophe)
Text und Foto: Matthias Küchle
Die Nacht ist vorgedrungen,
der Tag ist nicht mehr fern!
So sei nun Lob gesungen
dem hellen Morgenstern!
Auch wer zur Nacht geweinet,
der stimme froh mit ein.
Der Morgenstern bescheinet
auch deine Angst und Pein.
Dem alle Engel dienen,
wird nun ein Kind und Knecht.
Gott selber ist erschienen
zur Sühne für sein Recht.
Wer schuldig ist auf Erden,
verhüll nicht mehr sein Haupt.
Er soll errettet werden,
wenn er dem Kinde glaubt.
Die Nacht ist schon im Schwinden,
macht euch zum Stalle auf!
Ihr sollt das Heil dort finden,
das aller Zeiten Lauf
von Anfang an verkündet,
seit eure Schuld geschah.
Nun hat sich euch verbündet,
den Gott selbst ausersah.
Noch manche Nacht wird fallen
auf Menschenleid und -schuld.
Doch wandert nun mit allen
der Stern der Gotteshuld.
Beglänzt von seinem Lichte,
hält euch kein Dunkel mehr,
von Gottes Angesichte
kam euch die Rettung her.
Gott will im Dunkel wohnen
und hat es doch erhellt.
Als wollte er belohnen,
so richtet er die Welt.
Der sich den Erdkreis baute,
der lässt den Sünder nicht.
Wer hier dem Sohn vertraute,
kommt dort aus dem Gericht.