In einer schulweiten Abstimmung entschieden sich die Schülerinnen und Schüler der Heimschule St. Landolin das Schülerbudget von 3.000 Euro der Neugestaltung des Oberstufenzimmers zu widmen. Der SMV, die den Entscheidungsprozess rund um das Schülerbudget nun schon zum zweiten Mal moderierte, kam hierbei eine besonders zentrale Rolle zu, da mit dem Oberstufenzimmer der Vorschlag der SMV gewann. Somit lag auch die Umsetzung des Projekts in den Händen des SMV-Gremiums.
Bei der Eröffnung nach den Osterferien zeigte sich: Das Ergebnis kann sich sehen lassen! Es ist ein einladender und gemütlicher Raum entstanden, der einen Rückzugsort im Schulalltag bietet. Der Weg dahin war – wie immer, wenn man in einer Gruppe Entscheidungen trifft und diese umsetzt – nicht immer ganz leicht, aber wird doch von allen als gut und wertvoll empfunden. Im Interview blicken vier besonders engagierte Schülerinnen und Schüler auf das Projekt zurück und geben so eventuell Impulse für künftige Schülerbudget-Initiativen.
- David (J2) wollte schon lange das OZ umgestalten. Er war in der Gruppe für den Einkauf und die Finanzen aktiv und mitverantwortlich für die Organisation und Gestaltung des Graffitis.
- Marieke (J2), Mitglied in der Gruppe „Finanzen“, entwickelte sich zur Ansprechpartnerin, Koordinatorin und Beraterin der einzelnen Teilgruppen der SMV. Sie war ebenfalls mitverantwortlich für Organisation und Gestaltung des Graffitis und Kontaktperson für die Kooperation mit Lehrern und Hilfskräften.
- Merle (J1), vor allem in der Möbelgruppe aktiv, war mitverantwortlich für Planung, Aufbau und endgültiges Arrangement des OZ.
- Leon (J1) arbeitete am Konzept für die Nachhaltigkeit des Raumes mit und half in der Möbelgruppe bei Putz- und Instandsetzungsarbeiten von alten Möbeln.
Wenn ihr auf den langen Weg zurückblickt, welche Schritte waren einfach? Was fiel leicht im Arbeitsprozess?
David: Ich habe bereits bei früheren SMV-Aktionen lernen können, dass es nicht immer so schwer ist, Dinge zu organisieren wie man es sich vorstellt. Es hilft, wenn man einfach mal nachfragt, selbst wenn man nicht weiter weiß. Oft kommst du alleine dadurch schon auf dem Weg voran und dem Ziel näher. Es ist wichtiger anzufangen, als alle Schritte und Ergebnisse bereits am Anfang zu kennen.
Marieke: Leicht fiel es mir Ideen zu sammeln, z.B. wie das Graffiti aussehen sollte, wer sich einbringt, in den Gruppen beteiligt, wer Ansprechperson ist. Ich habe allerdings gemerkt, dass Vieles in der Theorie um einiges leichter ist, als es in die Praxis umzusetzen, z.B. Kontaktpersonen ansprechen und einzubinden.
Merle: Wir haben es gut hinbekommen, uns innerhalb der Gruppe abzusprechen, z.B. Freistunden für Arbeiten zu nutzen. Wir hatten viel Spaß innerhalb der Gruppe, das war leicht – trotz kleiner Komplikationen wie Akkuschrauber ohne Aufsätze dabei zu haben.
Leon: Absprachen und Kommunikation innerhalb der Gruppe waren sehr angenehm. Viel Organisatorisches hat sich sehr einfach ergeben; die Arbeiten im OZ, z.B. in den Osterferien, in der Gruppe waren witzig und die Arbeit ist dann leicht gefallen.
Gab es einen persönlichen Tiefpunkt – eine Krise?
David: Dem Machen gegenüber steht das Planen und beim Planen gibt es Ideen und Meinungen, die aufeinander treffen, die können unterschiedlich sein. Die Meinung zu haben, die sich nicht durchsetzt, ist blöd. Ich hatte manchmal das Gefühl, ich hätte mehr tun können, ich hätte mich in den Gremiumssitzungen mehr durchsetzen sollen. Wenn ich z.B. gewartet habe, bis sich die einzelnen zu Worte melden, mich am Ende selbst zu Wort gemeldet habe und direkt von den Gegenpositionen unterbrochen wurde, war das frustrierend. Ich habe das Gefühl, dass ich teilweise mit Ideen gescheitert bin, obwohl ich nicht hätte scheitern müssen.
Marieke: Wenn man den Überblick hatte, kamen oft Leute mit anderen Ideen, die ihre Ideen noch unterkriegen wollten, das war stressig. Dazu kam, dass die Zeit auch Druck bedeutet. Manchen Leuten war zum Teil, denke ich, gar nicht bewusst, dass wenn wir einen Termin gesetzt bekommen, die Arbeit auch bis dahin fertig sein muss. Zum Teil haben sich Leute aus dem Prozess rausgezogen und gemeint: „Ich habe meinen Teil erledigt, der Rest ist mir egal“. Andere haben sich aus der Gruppe zurückgezogen, sobald es die ersten persönlichen Hürden zu nehmen gab.
Merle: kurzzeitig gab es immer wieder Probleme bei der Absprache mit anderen Gruppen. Es war anstrengend, wenn man Arbeiten von anderen Gruppen übernehmen musste, weil die Zuständigen nicht da waren. Demokratische Entscheidungen in der Gruppe waren manchmal lang und schwer. Es gab Diskussionen darüber, was jetzt am besten aussieht, Perfektion ist eben für jeden etwas anderes, und wenn für die einen manchmal schon der Punkt war, dass es okay war, war es für die anderen noch nicht fertig, da habe ich mich schon mal mit den anderen in die Haare bekommen, aber ich glaube, das gehört zum Prozess dazu.
Leon: Schwierig war, wenn sich Leute aus anderen Gruppen in die eigene Arbeit eingeschaltet haben und ihre Meinung eine andere war, als die Ideen der eigentlich verantwortlichen Gruppe. Jeder hat ein anderes Bild und es trafen oft verschiedene, starke Willen aufeinander, das war für das Kollektiv manchmal schwierig.
Was hat in diesen Krisen geholfen? Woher habt ihr nach Rückschlägen Energie fürs Weitermachen gezogen?
David: Nach meinem persönlichen Tiefschlag fand ich alles ganz ätzend und bin erst einmal Laufen gegangen. Wenn ich schlechte Laune habe, gehe ich erst mal eher in mich und grenze mich ab, dann fange ich mich wieder. Als Leute abgesprungen sind und sich ausgeklinkt haben, hat mich das eher sogar noch angetrieben, noch andere Leute mit ins Boot zu holen, weil in solchen Momenten klar geworden ist, dass diese Person für die Stelle nicht richtig war und jemand anders vielleicht besser für den Job geeignet ist.
Marieke: SMV steht ja für „Schüler mit Verantwortung“, für mich bedeutet das: Ich habe Verantwortung, die Leute verlassen sich darauf, dass das Projekt umgesetzt wird. Wir haben oft auch durch unbeteiligte Mitschüler Druck bekommen: „Wann ist der Raum fertig? Wann macht ihr endlich was? Man sieht noch nichts…“ Ich denke auch meine Erfahrung als Klassen- und Kurssprecherin hat mir geholfen, mit Druck umzugehen, man wächst dabei in die Verantwortung hinein; das Ergebnis macht Spaß.
Merle: Verschiedene Mitschüler und auch Lehrer haben mich darin bestärkt, nicht aufzugeben und weiter zu machen; generell die ganze Arbeit in meiner Gruppe mit den Leuten war unglaublich witzig und locker und das hat viel Motivation gegeben.
Leon: Ich persönlich war eher am Rande von Krisen betroffen, aber ich würde auch sagen, dass die guten Momente in der Gruppe gezeigt haben, dass es sich lohnt weiter zu machen.
Worin lag euer persönlicher Lerneffekt im Prozess?
Merle: Ich bin früher immer eine Person gewesen, die sich rausgehalten hat, ich war immer der Meinung, ich kann das nicht. Ich habe mich immer eher im Hintergrund gehalten und habe eher gefragt, wo ich noch mitmachen kann. Ich habe für mich festgestellt, dass ich gut bin im Organisieren und dass es auch viel Spaß macht. Zum anderen ist es großartig zu sehen, wenn man etwas auf die Beine stellt. Ich kann mich daran erinnern, wie wir den Raum fertig gemacht haben und Leon mit weiten Armen im Raum stand, sich im Kreis gedreht hat und gesagt hat: „Ist das geil!“ und wir aus dem Grinsen nicht mehr rauskamen und wir gesehen haben, was man selber leisten kann. Was ich mitnehme, ist, dass man zusammen ziemlich viel schaffen kann und ich vielleicht nicht immer im Hintergrund sein muss.
Leon: Das war eigentlich so das erste Projekt in so einer großen Gruppe, das ich angegangen bin; was ich als eine Art Regel für so ein Projekt gelernt habe: Dass es viele Menschen braucht, um zum Ziel zu kommen. Es sollte Lehrer geben, die das Ganze von Anfang an strukturieren, aber auch Schüler, die sagen „Das brauchen wir“, wie z.B. bei der Gruppeneinteilung ganz am Anfang, also Leute, die wirklich Verantwortung in die Hand nehmen, aber auch in jeder Gruppe, Leute die mitmachen, wie so ein Baum. Es muss Leute geben, die die Sache in die Hand nehmen und sagen: „Jetzt brauchen wir dies oder das“, aber auch Leute, die darauf reagieren und sagen: „Okay, sie sagt, wir brauchen das, also mache ich das und setze das um.“ Es braucht diese gesamte Dynamik. Unsere Gruppe war da fast ein Paradebeispiel, das hat echt gut funktioniert.
Auf was kannst du nun (mit Stolz) blicken? Wie sieht ein Blick in die Zukunft des Oberstufenzimmers aus?
David: Ich bin glücklich, dass wir einen riesen Batzen Arbeit geleistet haben und das OZ ziemlich dufte ist. Das OZ wird eindeutig mehr angenommen als zuvor. Allerdings gibt es, glaube ich noch ein wenig die Mentalität: „Das ist noch nicht ganz unser Raum“. Einige haben die Verantwortung für den Raum noch nicht angenommen, weil alle gewohnt sind, dass nichts den Schülern gehört, sondern alles den Lehrern, der Schulleitung, der Erzdiözese. Aber jetzt ist es ja wirklich der Raum der Schüler. Es wird eine Weile dauern, bis dieser Denkprozess vollendet ist und dann die Schüler den Raum weiterentwickeln.
Marieke: Es ist sehr cool, dass wir uns in der Schule verewigt haben und dass es das Zimmer noch lange geben wird. Vorher wussten wenige Leute, dass es ein Oberstufenzimmer gibt und wo es ist, jetzt herrschte ein reger Betrieb, die Schlüssel werden oft bei den Kurssprechern geholt, es kommt gutes Feedback von den Mitschülern. Wenn Mitschüler dann neben mir einen Kaffee trinken, freut es mich natürlich und ich denke, trotz vereinzelter Kritik, ist die Mehrheit der Schüler dankbar. Für mich ist es ein Erlebnis zu sehen, dass wenn man sich für eine Sache einsetzt, am Ende wirklich was bei rauskommen kann. Mir hat es gezeigt, dass man in und mit der SMV auch wirklich etwas umsetzen und bewegen kann, dass etwas entstehen kann, das besteht.
Merle: Wenn ich in den Raum komme, bin ich immer noch ziemlich stolz auf das, was wir geschafft haben. Es ist immer noch unglaublich cool. Ich habe Freundinnen von anderen Schulen Fotos vom Raum gezeigt und die waren auch begeistert und fanden es abgefahren, dass wir so ein Zimmer haben. Ich glaube, dass viele es schätzen, dass wir das alles für uns haben. Bis jetzt klappt es ganz gut, dass die Leute aufräumen und aufpassen. Ich hoffe, es bleibt allen noch lange erhalten, weil es schon ein echter Rückzugsort ist.
Leon: Mir geht es ähnlich, wenn ich da reinlaufe in Freistunden, dann haben wir, die Leute die daran mitgearbeitet haben, eine sehr starke Bindung. Ich fühle mich, auch wenn es sich komisch anhört, (*lacht*) wie der Papa, der das eigenhändig aufgezogen hat. Vor allem der letzte Feinschliff, als wir alles aufgeräumt haben, die Möbel standen noch kreuz und quer, die Raumaufteilung war nicht sicher, als wir das in den Ferien gerichtet haben, ist dieser Raum für mich richtig entstanden. Ab da habe ich mich so richtig verbunden mit dem Raum gefühlt und man hat endlich das Ergebnis vor sich und ist stolz und denkt: „Geil, das haben wir alle zusammen gemacht“ und diese Gefühl habe ich jedes Mal, wenn ich da unten reingehe. Ich bin froh, wenn andere Leute aus dem Kurs oder aus der alten Klasse auf uns zukommen und sagen: „Oha, das ist richtig cool“. Oft sind Leute beeindruckt von der Küchenzeile oder der Chillecke und freuen sich. Bislang gab es noch keine große Verschmutzung, alle passen auf und verhalten sich anständig. Wir müssen natürlich sehen, wie es ist, wenn die nächste Generation damit umgeht. Ich hoffe natürlich, dass die genauso sorgfältig damit umgehen wie wir, wenn man an die Vernunft appelliert und sagt: Leute das ist euer Raum, wenn ihr den kaputt macht und zerstört, dann wird der geschlossen und ihr habt ihn nicht mehr. Ich wünsche mir, dass alle gut auf den Raum aufpassen, damit der uns lange erhalten bleibt und so denke ich, wird es auch hoffentlich sein.
Das Interview führte Florian Kemper.
Bilder: Marieke Aniol, Florian Kemper, Jakob Katzmann