„Fluchtursachen bekämpfen!“ Auf diese Losung scheinen sich alle, die sich über die Situation von Flüchtlingen Gedanken machen und – in teils heftig polarisierten Lagern – politisch auseinandersetzen, einigen zu können. Doch was bedeutet das? Eine Woche lang war der Missio-Truck mit dem Thema „Menschen auf der Flucht“ an der Heimschule St. Landolin zu Gast und bot Schülerinnen und Schülern aller Schularten und Altersstufen die Möglichkeit, sich mit Fluchtursachen und der Situation von Flüchtlingen auseinanderzusetzen. Das wichtigste Fazit: Auf der Suche nach Fluchtursachen landen wir auch bei uns selbst.
„Was verbindet ihr spontan mit dem Thema Flucht?“ Mit dieser Frage beginnt der Workshop im ersten Teil des Programms rund um den Missio-Truck. Die Schüler sammeln: Flüchtlinge, Asyl, Krise, Integration. In diesen Antworten spiegelt sich unsere europäische Perspektive auf das Thema. Im folgenden Gespräch wird die Lage afrikanischer Flüchtlinge beleuchtet – und zwar ganz konkret am Beispiel der Demokratischen Republik Kongo. Seit Jahrzehnten kommen die blutigen Konflikte in der ehemaligen belgischen Kolonie nicht zur Ruhe. Hintergrund ist der große Reichtum an seltenen Rohstoffen, wie zum Beispiel Cobalt. Dies wird in sämtlichen elektronischen Geräten, vor allem Handys, verbaut. Paramilitärische Rebellengruppen kämpfen um diese wertvollen Ressourcen – die großen Hersteller weltweit stehen am Ende der langen Handelskette, weil sie möglichst billig produzieren wollen. Unter diesen Verhältnissen leidet die Bevölkerung: Gewalt, Vertreibung, Versklavung, Kinderarbeit, Ausbeutung, Vergewaltigung. All diese Aspekte werden im Laufe des Workshops angesprochen. Grausame Schlagworte, die die Schüler ihren Assoziationen zum Thema Flucht hinzufügen müssen. In der abschließenden Diskussion über Möglichkeiten, diese Situation zu verändern, d.h. Fluchtursachen zu bekämpfen, wird deutlich, dass auch hier wir selbst gefragt sind: Braucht man alle zwei Jahre ein neues Handy? Muss es ein Handy der großen Anbieter sein? Welche Alternativen, wie zum Beispiel das „Fairphone“, gäbe es?
Anschließend besuchen die Schüler die Ausstellung im Missio-Truck selbst. Der kleine Rundgang ermöglicht einen ziemlich authentischen Perspektivwechsel in die Rolle eines kongolesischen Flüchtlings. Das Szenario beginnt auf einem Markt – doch plötzlich fallen Rebellen über das Dorf her. Schnell müssen sich die Schüler entscheiden, was sie mitnehmen: Kleidung, Adressbuch, Handy? Während der folgenden Simulation erlebt man, welche Folgen eine Fehlentscheidung hier haben kann. In der nächsten Stadt ist es unmöglich, eine Arbeit zu finden, hat man seine Zeugnisse nicht dabei. Und die Weiterreise in ein anderes Land? Nahezu ausgeschlossen, wenn man im Kampfgetümmel seinen Pass nicht mitgenommen hat. So lernt man in dieser Ausstellung, die Welt durch die Augen eines Flüchtlings zu sehen und erfährt nebenbei interessante Details über die Situation von Flüchtlingen auf der ganzen Welt.
Der letzte Raum der Ausstellung widmet sich dann der Situation von Flüchtlingen in Deutschland. Dieser ist recht nüchtern gestaltet und konzentriert sich auf die Zusammenstellung von Fakten. Das Hauptanliegen ist es hierbei, weitverbreitete Missverständnisse und Unwahrheiten richtig zu stellen. Und in Anbetracht der nackten Zahlen und Fakten gewinnt man den Eindruck: Mehr Nüchternheit täte unseren Debatten zu diesem Thema gut.
Die „Welt-Fair-Änderer“-AG rund um Eugenia Escobar und Jens Müller hatte sich dafür eingesetzt, dass der Missio-Truck, der durch ganz Europa tourt, an die Heimschule gekommen ist. Das Angebot war die gesamte Woche durch alle Stunden hindurch ausgebucht – und mit Sicherheit ein großer Gewinn.
Text und Bilder: Jakob Katzmann
Lesen Sie auch den Beitrag der Badischen Zeitung vom 24. November 2018.